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Schrittgeschwindigkeit versteht die Rechtsprechung eine Geschwindigkeit zwischen
4 und 7 km/h (OLG Köln, VRS 68, 382).
Die Feststellung der
Geschwindigkeit eines Kfz durch Polizeibeamte ist zulässig. Diese sind jedoch
mit Vorsicht zu genießen. Auf jeden Fall kann beanstandungsfrei durch
Polizeibeamte im Wege der Schätzung festgestellt werden, daß ein Betroffener
schneller als Schrittgeschwindigkeit gefahren ist. (BayObLG DAR 2001, 37)
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Über die Frage von Sorgfaltspflichten eines Autofahrers in
verkehrsberuhigten Bereichen hat das OLG Frankfurt (Urt. v. 18.6.1999 –
25 U 129/98; nach DAR 99,543) zu entscheiden. Nach diesem Urteil ist es einem
sich in einem verkehrsberuhigten Bereich bewegenden Autofahrer zuzumuten und
abzuverlangen, daß er sich auch auf die Möglichkeit einrichtet, daß Personen,
insbesondere Kinder die zunächst nicht zu sehen waren, plötzlich die Fahrbahn
betreten könnten. Ein dreijähriges Kind auf einem sogenannten ‚Bobbycar‘
war aus einer Grundstückseinfahrt an einem Straßenbereich, der durch Zeichen
325 als ‚Spielstraße‘ ausgewiesen war, plötzlich auf die Straße gefahren
und gegen die Beifahrerseite des PKW gestoßen. Dabei wurde das Kind verletzt.
Der PKW-Fahrer hätte nach Ansicht des Gerichts bereits seine Reaktion darauf
einstellen müssen, daß Kinder auch auf die Straße laufen könnten, obwohl
dies bei den noch innerhalb der Grundstückseinfahrt spielenden aber für ihn
dort wohl zu erkennenden Kinder möglicherweise noch nicht absehbar war.
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Wenn ein Autofahrer den unmittelbaren verkehrsberuhigten Bereich einer Straße verlassen hat, kann er beim Einfahren in eine andere Straße nicht auf die "Rechts-vor-Links-Regelung" pochen. Der ADAC macht hierzu auf ein Urteil des Landgerichts Gießen (Az. 1 S 216/95, DAR 96, 25, ADAJUR Dok.Nr. 2303) aufmerksam, demzufolge das Vorfahrtsrecht gegenüber dem von links kommenden Verkehr wegfällt,wenn sich der dem verkehrsberuhigten Bereich folgende Straßenabschnitt z.B. farblich oder durch Aufpflasterung deutlich von der anderen Straße unterscheidet. Entscheidend ist, ob das Einfahren aus dem verkehrsberuhigten Bereich in den fließenden Verkehr den Umständen nach erst an der Einmündung erfolgt. Im hier entschiedenen Fall führte die verkehrsberuhigte Zone, nachdem ihr Ende angezeigt wurde, noch 17 Meter durch einen Grünstreifen, bevor sie in die Hauptverkehrsstraße mündete. Nach Ansicht der Richter erstreckt sich der verkehrsberuhigte Bereich jedoch auch auf diese letzten 17 Meter der Straße, weil bauliche Gestaltung und Farbgebung eindeutig auf eine untergeordnete Straße schließen lassen. Der in den fließenden Verkehr einfahrende Pkw-Fahrer muss sich deshalb so verhalten, als ob er ein Grundstück verlassen würde: Seine Wartepflicht beachten und sich mit äußerster Sorgfalt in den Verkehr einordnen.
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Radfahrer, die in einer Fußgängerzone unterwegs sind, sind dazu verpflichtet. Schritt-Tempo zu fahren. Das hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden (Aktenzeichen: 9 U 112/00). Mit dieser Begründung wies das Gericht die Schadensersatz-Klage eines Radlers gegen die Gemeinde zurück. Der Mann war auf eine Hinweisschranke geprallt und hatte sich verletzt. Das Gericht führte den Unfall auf zu hohe Geschwindigkeit des Radlers zurück.
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Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 16.02.2001 (03.04.01)
Wer in verkehrsberuhigten Zonen (Spielstraßen) innerhalb geschlossener Ortschaften zu schnell fährt, muss nicht nur mit einem erheblichen Bußgeld, sondern auch mit der Verhängung eines Fahrverbotes rechnen. Dies hat jetzt der 2. Bußgeldsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe unter Bestätigung eines vorinstanzlichen Urteils entschieden:
Anfang Januar 2000 war der Betroffene, ein 19-jähriger Schüler aus dem südbadischen Raum, mit dem Fahrzeug seiner Mutter in Offenburg unterwegs. In der dortigen Friedrichstraße ist ein verkehrsberuhigter Bereich (Zeichen 325) eingerichtet, in welchem der Fahrzeugverkehr Schrittgeschwindigkeit (max. 7 km/h) einhalten muss. Der Schüler übersah die an beiden Seiten zu Beginn des verkehrsberuhigten Bereiches aufgestellten Verkehrszeichen und befuhr diesen mit einer Geschwindigkeit von 41 km/h. Dabei geriet er in eine von der Stadt Offenburg angeordnete Geschwindigkeitsmessung mittels eines geeichten Lichtschrankengerätes.
Die Bußgeldbehörde der Stadt Offenburg erließ daraufhin gegen den Schüler im April 2000 einen Bußgeldbescheid in Höhe von DM 250 (weitere Folge: drei Punkte im Verkehrszentralregister in Flensburg) sowie ein einmonatiges Fahrverbot. Nachdem der Betroffene hiergegen Einspruch eingelegt hatte, fand im Oktober 2000 vor dem Amtsgericht Offenburg die Verhandlung statt. Dort konnte der Schüler anhand eines bei der Geschwindigkeitskontrolle gefertigten Lichtbildes eindeutig als Fahrer identifiziert werden. Er wurde deshalb wegen fahrlässiger Nichtbeachtung der im verkehrsberuhigten Bereich geltenden Geschwindigkeitsbeschränkung zu einer Geldbuße verurteilt. Dabei reduzierte das Amtsgericht die für den Verkehrsverstoß nach dem Bußgeldkatalog an sich vorgesehene Regelbuße von DM 250 wegen des noch fehlenden eigenen Einkommens des Schülers auf DM 150. Außerdem ordnete auch das Amtsgericht ein einmonatiges Fahrverbot an. Der Betroffene habe durch sein Fahrverhalten in der verkehrsberuhigten Straße die Pflichten eines Kraftfahrzeugführes grob verletzt. Bei einer innerörtlichen Überschreitung der Geschwindigkeit von 31 km/h sehe der Bußgeldkatalog als Regelfolge ein Fahrverbot vor. Von einem solchen "Denkzettel" abzusehen, bestehe kein Anlass.
Die vom Betroffenen gegen dieses Urteil eingelegte Rechtsbeschwerde hat der 2. Bußgeldsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe nunmehr verworfen, da die Überprüfung des amtsgerichtlichen Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen ergeben hat. Die Entscheidung ist nunmehr rechtskräftig. Nach der neu eingeführten Bestimmung des § 25 a Abs. 2 a StVG hat der Schüler zur Abgabe seines Führerscheins noch einen Zeitraum von vier Monaten zur Verfügung.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 25. Januar 2001, 2 Ss 285/00
Hinweis auf den Gesetzestext:
§ 25 Abs 1 S.1 StVG: Wird gegen den Betroffenen wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 StVG, die er unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihm die Verwaltungsbehörde oder das Gericht für die Dauer von einem bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. .... § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BKatVO: Bei Ordnungswidrigkeiten nach § 24 StVG kommt die Anordnung eines Fahrverbots (§ 25 StVG) in der Regel In Betracht, wenn ein Tatbestand der Nummern 3a.1 bis 3a.3, der Nummern 5.1 bis 5.3 jeweils in Verbindung mit Tabelle 1 a des Anhangs des Bußgeldkatalogs, ..... , verwirklicht ist. ...
Quelle: Pressestelle des Oberlandesgerichts Karlsruhe
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Geringe elterliche Aufsichtspflicht über ein Rad fahrendes sechsjähriges Kind in einer Spielstraße
BGB § 1626 Abs. 1; BGB § 1631 Abs. 1; BGB § 832 Abs. 1 S. 1; StVO § 42 Zeichen 325
1. Für die Bestimmung des Umfangs der Aufsichtspflicht der Eltern über ein noch nicht siebenjähriges Kind ist nicht auf bestimmte Altersgrenzen, sondern auf konkret festzustellende, individuelle Eigenschaften und Fähigkeiten des Kindes in Verbindung mit den objektiven Umständen abzustellen (gegen OLG Zweibrücken NZV 1992, 509; AG Detmold NJW 1997, 1788).
2. Aktuelle Empfehlungen an den Gesetzgeber, die Haftung von Kindern im Straßenverkehr auf das vollendete zehnte Lebensjahr anzuheben (Verkehrsgerichtstag 1999), sind zum Schutz der Kinder gedacht und sprechen nicht für eine Ausweitung der Aufsichtspflicht der Eltern.
3. Zu den in einer "Spielstraße" umfassend erlaubten Kinderspielen gehört auch das Herumfahren mit Kinderfahrrädern. Innerhalb solcher Zonen ist eine wesentlich geringere elterliche Überwachung als in anderen Verkehrsräumen geboten. Der Umstand, dass das Kind den Bereich zielgerichtet als Verkehrsteilnehmer befährt, ändert daran nichts.
(199) OLG Hamm, Urteil vom 9. 6. 2000 (9 U 226/99)
Anmerkung: Vgl. zur Aufsichtspflicht von Eltern im Straßenverkehr zuletzt OLG Hamm VersR 2001, 386.
Die 1940 geborene Kl. nahm die Bekl. wegen Verletzung ihrer Aufsichtspflicht über den 1992 geborenen Sohn L. auf Schadensersatz in Anspruch. Sie befuhr am 11. 3. 1999 gegen 14.15 Uhr mit ihrem Farrad in A. die D.-Straße, eine mit dem Zeichen 325 zu § 42 StVO verkehrsberuhigte Zone. Bei ihrer Fahrt in Richtung G.-Weg kam ihr L. mit seinem Fahrrad entgegen. Nach ihrem Vorbringen soll L. in Höhe der Einmündung der X.-Straße unmittelbar vor ihr nach links abgebogen und dabei gegen ihr Vorderrad gefahren sein. Dadurch sei sie gestürzt. Die Kl. hat sich unstreitig folgende Verletzungen zugezogen: eine Basisfraktur des 4. Mittelfußknochens links, eine Mittelfußdistorsion links und eine Distorsion des linken Sprunggelenks mit Außenbandzerrung.
Die Kl. verlangte von den Bekl. Ersatz des ihr entstandenen materiellen und immateriellen Schadens und die Feststellung der Eintrittspflicht für Zukunftsschäden. Sie vertrat die Auffassung, L. habe nicht unbeaufsichtigt auf der D.-Straße Rad fahren dürfen, da er zum Zeitpunkt des Unfalls erst sechs Jahre und neun Monate alt war. Das Kind sei, wie der Unfall gezeigt habe, nicht zur selbstständigen Teilnahme am öffentlichen Verkehr befähigt gewesen, habe keine hinreichende Verkehrserfahrung gehabt und sei auch nicht hinreichend belehrt worden.
Die Bekl. traten dem entgegen. Sie verwiesen darauf, dass der Unfall sich in einer verkehrsberuhigten Zone - Spielstraße nach Zeichen 325 zu § 42 StVO - ereignet hat.
Sie bestritten den behaupteten Unfallhergang und ein verkehrswidriges Verhalten von L. Sie behaupteten, L. sei ein normal entwickeltes Kind, ein geübter Radfahrer und beherrsche den Weg, den er an diesem Tag fahren wollte, sicher. Dies sei auch durch gezielte, unbeobachtete Kontrollen sichergestellt gewesen. Darüber hinaus sei L. von ihnen immer wieder belehrt worden und habe an Verkehrserziehungsmaßnahmen teilgenommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen.
Die Berufung der Kl. hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen:
Der Kl. steht gegen die Bekl. kein Anspruch auf Schadensersatz nach § 832 Abs. 1 S. 1 BGB zu.
1. Nach § 832 Abs. 1 S. 1 BGB sind die nach §§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB aufsichtspflichtigen Eltern zwar verpflichtet, den Schaden zu ersetzen, den ihr Kind einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht besteht jedoch nicht, wenn sie nachweisen, dass sie ihre Aufsichtspflicht erfüllt haben oder der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden wäre.
2. Die Kl. ist durch den Sohn der Bekl. widerrechtlich verletzt worden, da der Unfall auf einem verkehrswidrigen Verhalten des Kindes beruht. Insoweit ist die Unfalldarstellung der Kl. zugrunde zu legen, wonach L. - aus seiner Sicht - plötzlich von rechts nach links fuhr und dabei gegen die Vordergabel des Fahrrads der Kl. prallte, den Sturz verursachte und die Kl. verletzte. Die Kl. hat diesen Hergang so schon bei der Polizei geschildert und bei ihrer Anhörung durch den Senat wiederholt. Die beiden Polizeibeamten, die Zeugen S. und M., haben bestätigt, dass der Hergang des Unfalls nach den Angaben der Kl. aufgenommen wurde und darauf auch die Unfallskizze beruht, die dem Senat vorlag. Auf die Abweichung, die sich bei ihrer Unfalldarstellung im Rahmen der Anhörung durch den Senat ergeben hat, wonach die Kl. selbst nicht links, sondern rechts an dem in ihrer Fahrtrichtung liegenden Pflanzbeet vorbeigefahren sein will, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Entscheidend ist, dass L. offenbar nach links in die X.-Straße abbiegen wollte, wofür auch spricht, dass dies der vorgesehene Weg war, um zu seinem Freund zu fahren. Sein Verhalten erfüllt die Voraussetzungen eines verkehrswidrigen Abbiegens nach § 9 Abs. 1 StVO.
3. Diese widerrechtliche Schadensverursachung beruht jedoch nicht auf einer Aufsichtspflichtverletzung der
Bekl.
a) Der Inhalt der Aufsichtspflicht ergibt sich im Einzelfall aus dem Alter, der Eigenart und dem Charakter des aufsichtsbefohlenen Kindes sowie danach, was den Eltern nach den jeweiligen Verhältnissen und objektiven Umständen geboten ist und zugemutet werden kann. Entscheidend ist, was verständige Eltern im Licht vernünftiger Anforderungen unternehmen müssen, um die Schädigung Dritter durch das Kind abzuwenden. Dabei kommt es stets darauf an, ob der Aufsichtspflicht nach den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falls genügt worden ist (vgl. BGH VersR 1988, 83 [84] = NJW-RR 1987, 1430 [1431] m. w. N.; OLG Celle VersR 1988, 1240 = NJW-RR 1988, 216; KG MDR 1997, 840). Die Aufsichtspflicht wird mithin zum einen durch Eigenschaften des aufsichtsbedürftigen Kindes und zum anderen durch die Schadensgeneigtheit des Unfallbereichs und der danach gegebenen und zu erwartenden konkreten Gefahrensituation bestimmt. Dabei hat der Aufsichtspflichtige zu berücksichtigen, dass beides in einer inhaltlichen Wechselbeziehung steht. Je gefahrenträchtiger die objektiven Umstände sind, umso größere Anforderungen sind an die Eigenschaften und Fähigkeiten des Kindes zu stellen um es unbeaufsichtigt lassen zu können. Umgekehrt müssen Defizite im Bereich der subjektiven Elemente zu größeren Anforderungen an die Aufsichtspflicht führen, und zwar unter Umständen selbst dann, wenn sich das Kind in einem objektiv überschaubaren und vertrauten Bereich ohne besondere Gefahrneigungen bewegt.
b) Für die Frage, ob und inwieweit eine Aufsichtspflichtverletzung der Eltern gegeben ist, nur weil sie das Kind mit einem Fahrrad außerhalb des elterlichen Gesichtskreises fahren lassen, wird teilweise auf bestimmte Altersgrenzen zur Bestimmung der Verkehrsreife, teilweise auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abgestellt, die nach den dargelegten Grundsätzen festzustellen sind.
aa) Die zuerst genannte Auffassung meint, die Benutzung eines Fahrrads setze eine gewisse Reife des Kindes voraus, die vor Vollendung des siebten Lebensjahrs kaum anzunehmen sei (vgl. OLG Zweibrücken NZV 1992, 509). Die Reifeentwicklung von Sechs- bis Siebenjährigen sei im Allgemeinen noch nicht so weit vorangeschritten, dass Verkehrsregeln beherrscht und jederzeit auch beherzigt werden (so auch AG Detmold NJW 1997, 1788).
Dem schließt sich der Senat nicht an. Sachgerecht ist es vielmehr von einer bestimmten Altersgrenze abzusehen und nach allgemeinen Grundsätzen auf die konkret festzustellenden, individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten des Kindes in Verbindung mit den objektiven Umständen abzustellen. Dies allein entspricht dem Wortlaut und Zweck des § 832 Abs. 1 S. 1 BGB. Das Argument, dass sonst ohne Beachtung einer allgemeinen Altersgrenze eine Haftungslücke drohe, kann nicht überzeugen, da die Aufsichtspflicht der Eltern nicht ihren Grund darin findet, dass jederzeit eine Haftpflicht im Fall der Schädigung durch ein Kind bereitsteht.
Die Haftung für ein (vermutetes) Aufsichtsverschulden ist keine Gefährdungshaftung. Ihr innerer Grund besteht vielmehr in der gesetzlichen Pflicht der Eltern, wie sie §§ 1626 ff., 1631 Abs. 1 S. 1 BGB bestimmen. Dazu gehört auch eine sinnvolle Hinführung des Kindes zu einem selbstständigen, verantwortungsbewussten und umsichtigen Verhalten im Verkehr. Dies ist jedoch nur möglich, wenn ein Kind auch altersgerecht angepasste Gelegenheiten bekommt, sich ohne ständige Beobachtung, Kontrolle und Anleitung selbst im Verkehr zu bewähren.
Im Ergebnis erkennen dies auch die Stimmen an, die zur Befürwortung einer Altersgrenze neigen, indem Ausnahmen zugelassen sein sollen, die darin bestehen, dass ein Kind beim Radfahren in vertrauter Umgebung, nahe der elterlichen Wohnung, bei der Benutzung von Rad- oder Gehwegen oder auch sonst nach seiner konkreten Erfahrung, nach der objektiven Verkehrsdichte und dem unter Umständen geringen Maß an Gefährdung eben nicht ständiger Aufsicht bedürfe, selbst wenn es jünger ist, als die im Regelfall vorgesehene Altersgrenze vorgibt (vgl. dazu Greger, Haftpflichtrecht des Straßenverkehrs 3. Aufl. § 16 StVG Rdn. 185, 188). Die Befürwortung einer solchen Altersgrenze würde im Übrigen auch nicht dem unterschiedlichen Entwicklungsstand bei Kindern gleichen Alters gerecht, und es würde übersehen, dass von Kindern, die sechs Jahre alt und infolgedessen schulpflichtig sind, auch erwartet wird im Straßenverkehr den Schulweg zu meistern. Schließlich würde ohne sachlichen Grund außer Betracht bleiben, dass es auch auf die Besonderheiten des jeweiligen Verkehrsraums ankommt.
Ohne Erfolg beruft sich die Kl. auf die Empfehlungen des Verkehrsgerichtstags 1999 - Arbeitskreis III, die dieser Würdigung im Ergebnis nicht entgegenstehen. Die Empfehlungen beinhalten den Vorschlag, dass der Gesetzgeber die Haftung/Mithaftung von Kindern im Straßenverkehr auf das vollendete zehnte Lebensjahr anheben und eine Haftung des motorisierten Verkehrs gegenüber Kindern nur noch für Fälle von höherer Gewalt ausschließen soll. Diese zum Schutz der Kinder gedachten Empfehlungen besagen indes nichts über die Aufsichtspflicht der Eltern, die nicht auszuweiten ist, weil das Kind sich mit zunehmendem Alter gerade selbstständig bewähren können muss. Außerdem wird bei den Empfehlungen offensichtlich an Gefahren angeknüpft, die mit dem motorisierten Verkehr zusammenhängen, nicht dagegen an das Radfahren des Kindes und dessen jeweilige altersspezifische Fertigkeit und Verkehrserfahrung.
Allein der Umstand, dass L. zum Zeitpunkt des Unfalls erst sechs Jahre und neun Monate alt war und unbeaufsichtigt Fahrrad fuhr, begründet demnach noch kein Aufsichtsverschulden der
Bekl.
c) Die Bekl. haben darüber hinaus dargelegt und bewiesen, dass L. ein verkehrserfahrenes Kind ist, seit langem das Fahrrad benutzt und das heimische Umfeld, wie auch den Weg, den er speziell am 11. 3. 1999 benutzen sollte, beherrscht. Sie verweisen mit Recht darauf, dass es noch nie zu Unfällen und Schäden gekommen ist und dass nach ihren Beobachtungen, die auch heimlich vorgenommen worden sind, keinerlei Auffälligkeiten zu verzeichnen waren.
Nach ihren Darlegungen vor dem Senat hat L. das größere Kinderfahrrad zu seinem sechsten Geburtstag bekommen und ist damit regelmäßig, mehrfach in der Woche, auf dem auch jetzt von ihm benutzten Weg zu seinem Freund gefahren. Das Radfahren wurde mit ihm geübt, und es wurden mit der Familie Radtouren unternommen, bei denen der Eindruck zu gewinnen war, dass L. sein Rad behrrschte und sicher fuhr. Er wurde gelegentlich auch unbeobachtet überwacht. An seinen Fertigkeiten und an der Beherrschung des Rads mussten für die Bekl. auch deshalb keine Zweifel auftreten, weil das Rad, auch wenn L. allein unterwegs war, immer unbeschädigt blieb.
Diese Angaben der Bekl. haben die Zeugen B., die Großeltern von L. bestätigt (wird ausgeführt).
d) Unter diesen Umständen, die der Senat nach den sachlich übereinstimmenden Aussagen aller hierzu vernommenen Zeugen als bewiesen ansieht, haben die Bekl. ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt, indem sie L. gestatteten, unkontrolliert und allein zu seinem Freund zu fahren. Es gehörte vielmehr zu der ihm altersgerecht einzuräumenden Selbstständigkeit, diese ausschließlich durch ein Wohngebiet führende Fahrt unbeobachtet und allein zu bewältigen. Dies hatte er schon häufig ohne Schaden geschafft, sodass auch am Unfalltag kein Grund bestand, einer auf der Kindlichkeit beruhenden Unbesonnenheit durch gezielte Beaufsichtigung im Interesse des Rechtsgüterschutzes Dritter vorzubeugen.
e) Hier kommt noch hinzu, dass es einer Beaufsichtigung von L. schon deshalb nicht bedurfte, weil die Unfallstelle im Bereich einer Spielstraße - verkehrsberuhigte Zone nach § 42 StVO, Zeichen 325 - lag. Dass L. auf seinem Weg zu seinem Freund nach dem Abbiegen in die X.-Straße diesen Bereich verlassen hätte, ändert nichts daran, dass er jedenfalls an der Unfallstelle unbeaufsichtigt Rad fahren durfte.
Nach § 42 Abs. 4 a StVO dürfen Fußgänger solche Straßen in ihrer ganzen Breite benutzen, sind Kinderspiele überall erlaubt, hat der Fahrzeugverkehr Schrittgeschwindigkeit einzuhalten und müssen Fahrzeugführer hinter Fußgängern, denen der Vorrang gebührt, zurückstehen (vgl. Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht 35. Aufl. § 42 StVO Rdn. 181). Der Vorrang erstreckt sich auch auf die umfassend erlaubten Kinderspiele, zu denen das Herumfahren mit Kinderfahrrädern gehört (vgl. Jagusch/Hentschel aaO). Das Zeichen 325 zu § 42 StVO ordnet also einen Schutzraum zugunsten von Fußgängern und Kindern an, auf den sich der Fahrverkehr einzurichten hat. Fußgänger bleiben nur einer Pflichtenbindung unterworfen, die der des § 1 StVO entspricht (vgl.
Jagusch/Hentschel aaO).
Die Anordnung einer solchen Schutzzone hat zugleich Einfluss auf das Maß der den Eltern obliegenden Aufsichtspflicht von Kindern, die an solchen Straßen wohnen. Eine solche Verkehrszone setzt nämlich die Schadensgeneigtheit, auf die es- wie dargelegt - für die Bestimmung der Aufsichtspflicht ankommt, herab. Eltern dürfen darauf vertrauen, dass sich die anderen Verkehrsteilnehmer, insbesondere der Fahrverkehr, auf das Kinderspiel einstellt, mithin auch auf kindliche Unbesonnenheiten und auf typische, aus dem kindlichen Spiel folgende Gefahren. Deshalb bedarf es innerhalb solcher Zonen einer wesentlich geringeren elterlichen Überwachung und Anleitung als in anderen Verkehrsräumen. Es handelt sich bei Spielstraßen um Bereiche, in denen Kinder gerade die notwendige anfängliche Freiheit und Fertigkeit, sich allein und selbstständig zu bewähren, erproben können und dürfen.
Der Senat verkennt nicht, dass L. die Spielstraße nicht zu spezifisch spielerischen Zwecken benutzt, sondern die D.-Straße mit seinem Kinderrad zielgerichtet als Verkehrsteilnehmer befahren hat. Das ändert jedoch nichts an den prinzipiellen Gegebenheiten, wonach die Bekl. ihn nach seinen individuellen Fähigkeiten jedenfalls hier frei und unbeobachtet Rad fahren lassen durften und auch darauf vertrauen konnten, dass der Fahrverkehr, zu dem auch die Kl. mit ihrem Fahrrad gehörte, vorrangig die kindlichen Gegebenheiten berücksichtigen würde.
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update 18. Mai 2006